Generell steht es außer Frage, dass jemand eure Arbeit redigiert bzw. Korrektur liest. In den
meisten Leitfäden zum wissenschaftlichen Schreiben wird den Studierenden nahegelegt, die Arbeit mindestens einmal gründlich Korrektur lesen zu lassen, denn: Jeder übersieht nach einer Weile
die kleinen Fehler, die sich im Einerlei des Bekannten hervorragend verstecken können. Später stolpert dann aber der Dozent darüber, und jedes Stolpern im
Lesefluss bedeutet einen kleinen Punktabzug. Selbstverständlich werden ein, zwei lässliche Fehler jedem verziehen. Aber wenn es mehr sind, wird es schon schwieriger.
Jede Ungenauigkeit reißt den Leser aus dem inhaltlichen Zusammenhang, und je öfter das passiert, desto schwerer fällt die Konzentration auf den Inhalt. (Gemeint sind mit "lässlichen Fehlern"
nicht nur Tippfehler oder fehlende Kommata. Auch falsche Wortverbindungen, Bandwurmsätze, die kein Ende haben, und Verweise, die ins Leere führen, gehören zu den Stolpersteinen.) Aus diesem
Grund lohnt sich die professionelle Korrektur und ein sorgfältiges wissenschaftliches Lektorat:
1. Zeit und Sorgfalt
Wenn die Mutter, die Freundin oder der Kommilitone nicht gerade selbst sehr viel schreibt oder Germanistik studiert, wird es die- oder
denjenigen sehr viel Zeit kosten, genau zu lesen, zu verstehen, zu korrigieren, umzuformulieren und sich auf alle zu prüfenden Aspekte gleichzeitig zu konzentrieren: Rechtschreibung,
Ausdruck, Kongruenz, Kohärenz, Zeitformen etc. Ein schneller Lektor schafft bei einem einfach zu redigierenden Text bis zu acht Seiten in einer Stunde. Manchmal sind es aber auch nur drei
oder vier. Jemand, der ungeübt ist, wird sehr viel länger brauchen. Die Gefahr, dass die Korrektur dann aufgrund von Zeitdruck ungenau wird, ist groß!
2. Wissenschaftliche Ausdrucksweise
Ein Wissenschaftslektor verfügt über genaue Kenntnisse und viel Erfahrung im Bereich des wissenschaftlichen Schreibstils und der präzisen
Formulierung. Wer darin nicht geübt ist, dem fallen umgangssprachliche Formulierungen und unnötige Füllwörter oftmals gar nicht auf. In einer wissenschaftlichen Arbeit sollte aber stets
penibel darauf geachtet werden, keine vermeintlichen Wahrheiten zu schreiben, die als unwissenschaftlich gelten, nicht zu vage oder zu wertend zu schreiben oder aus nicht zitierwürdigen
Quellen zu paraphrasieren. Auch hier ist es also ein Vorteil, jemanden zu engagieren, der vom Fach ist.
3. Einhaltung formaler Kriterien
Fehler in der Zitierweise oder bei der Beschriftung von Abbildungen und Tabellen sowie sonstige formale Fehlerquellen werden von
Nicht-Wissenschaftlern leicht übersehen. Ein weiteres Plus für ein professionelles Lektorat. In englischen Abschlussarbeiten hat zudem der an dem Institut zu befolgende Zitierstil großen
Einfluss auf die Groß- und Kleinschreibung von Kapitel- und Abbildungs-/Tabellenbezeichnungen, auf die Verwendung von Zeitformen sowie auf die Zeichensetzung, was den Allerwenigsten bewusst
ist.
4. Hinweise zum Aufbau und zur Argumentation
Ein Wissenschaftslektor liest nie nur einzelne Sätze ohne Zusammenhang, sondern beginnt gleich beim ersten Wort, sich ein Bild
vom Thema und dem Aufbau der Arbeit zu machen – genau so, wie es der Betreuer später auch tun wird. Ist der Text z. B. unpräzise oder schwammig formuliert, lässt er Spielraum für
ungewollte Interpretation. Der Lektor hilft euch, genau das auszudrücken, was ihr sagen wollt, damit es zwischen euch und dem Leser keine Missverständnisse gibt. Ein erfahrener
Lektor schafft schnelle Organisation und hat die Möglichkeit, in nur wenigen Augenblicken die fehlerhaften Satzteile und Wissenslücken gegen gut durchstrukturierte Phrasen und Sätze
einzutauschen.
5. Auf die automatische Rechtschreibprüfung ist kein Verlass
Vielleicht hieltet ihr es bisher für ausreichend, die Rechtschreibhilfe eures Textverarbeitungsprogramms über den Text laufen zu lassen? Da müssen
wir euch leider enttäuschen. Die automatische Rechtschreibprüfung mag vielleicht Rechtschreibfehler erkennen, kann jedoch nicht sinnhafte Fehler
aufspüren ("seid" / "seit", "unbeachtet der Tatsache" statt "ungeachtet der Tatsache", "gewonnen Ergebnisse" statt "gewonnenen Ergebnisse"). Und was nützt schon ein richtig geschriebenes Wort
im falschen Zusammenhang?